Antrag gegen geschlechtergerechte Sprache auf der kommenden GDCh-Mitgliederversammlung
Neun Männer gegen den Rest der Welt.
Seit Anfang des Jahres nutzt die GDCh in vielen ihrer Veröffentlichungen geschlechtergerechte Sprache. Dies ist bisher nur eine Bitte an Autor*innen, eine Pflicht oder einheitliche Regelung gibt es bislang nicht. Trotzdem ist dies natürlich ein wichtiger Schritt insbesondere in unserem Fach, in dem nicht-männliche Wissenschaftler*innen noch immer eine Minderheit darstellen.
Auf der kommenden GDCh-Mitgliederversammlung am 3. September 2021 wird nun über den Antrag mit dem wenig auffälligen Titel Weiterverwendung der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung abgestimmt. Dahinter verbirgt sich jedoch die Aufforderung, die GDCh solle keine geschlechtergerechte Sprache z. B. in Form des Asterisk (“Gendersternchen), Binnen-I oder Unterstrichs mehr nutzen. Der Antrag ist hier einsehbar.
Ich selbst wurde erst durch eine direkte Nachricht von Dr. Janine George (BAM) auf den Antrag aufmerksam gemacht und in Anbetracht der Wichtigkeit des Antrags habe ich das Gefühl, dass bisher nur wenige GDCh-Mitglieder von ihm wissen. Eine Möglichkeit vor allem junge Chemiker*innen anzusprechen ist, eine e-Mail an sein lokales JCF oder den Fachschaftsrat seiner ehemaligen Uni anzuschreiben und darauf aufmerksam zu machen. Ich habe dafür eine kleine Vorlage geschrieben, die gerne verbreitet und genutzt werden darf:
Lieber Fachschaftsrat [Fach/Uni]/Liebes JCF [Ort],
ich schreibe euch als ehemalige*r Chemiestudent*in der [Uni]/lokales GDCh-Mitglied. Wie ihr vielleicht wisst benutzt die GDCh seit Beginn des Jahres in vielen ihrer Veröffentlichungen (Homepage, Nachrichten aus der Chemie, Pressemitteilungen) geschlechtergerechte Sprache z. B. in Form des Asterisk (“Gender-Sternchen”). Diese Vorgabe ist dabei eine Bitte an Autor*innen, eine Pflicht besteht derzeit nicht.
Zur kommenden Mitgliederversammlung der GDCh am 3. September 2021 wurde der Antrag “Weiterverwendung der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung” eingereicht. Im Antrag wird die GDCh aufgefordert, den Gebrauch geschlechtergerechter Sprache einzustellen, bis eine Mitgliederbefragung zum Thema vorliegt.
Geschlechtergerechte Sprache stellt eine niederschwellige Möglichkeit dar, Menschen unabhängig ihres Geschlechts aktiv einzubeziehen bzw. zumindest nicht auszugrenzen. Leider haben bisher nur wenige GDCh-Mitglieder von dieser Abstimmung erfahren.
Ich würde mich freuen, wenn ihr in eurem Mailverteiler oder auf euren Social-Media-Kanälen darauf aufmerksam machen könntet. Insbesondere ist es wichtig, dass sich Mitglieder bis zum 31. August online für die Mitgliederversammlung registrieren.
Mehr Informationen findet ihr in dieser Mitteilung der GDCh: https://www.gdch.de/service-information/nachricht/article/gdch-mitgliederversammlung-mit-antrag-aus-der-mitgliedschaft.html
Mit freundlichen Grüßen
[Name]
Ich hoffe auf eine rege Beteiligung und dass die GDCh-Mitglieder verstehen, dass es hier um die progressive und inklusive Ausrichtung der Organisation geht.
Ein kurzer persönlicher Nachtrag: es ist bezeichnend, dass der Antrag von neun Männern ohne Beteiligung einer einzigen Frau eingereicht wurde. Einige der Antragssteller haben sich bereits in Leserbriefen an die Blauen Blätter (Thomas Rödel 03/2021, Hubertus Brunn & Achim Günther 04/2021, Heinz Hug, Alexander Börger & Cai von Rumohr 05/2021) echauffiert, dass Männer durch geschlechtergerechte Sprache unsichtbar gemacht würden oder sie beim lesen ebenjener in “Schnappatmung” verfallen. Das mündete in grandiosen Sprüchen wie
Stets war es so, dass die Gesellschaft die Sprache verändert hat und nicht die Sprache die Gesellschaft, so sehr sich interessierte Beteiligte auch bemüht haben. (H. Brunn, Nachr. Chem. 2021, 69(4), 86)
… was angesichts der Tatsache, dass die Gesellschaft deutscher Chemiker hier eine Bitte an Autor*innen formulierte, sehr witzig wirkt. Das hat mir bereits schon einmal eine Antwort in Form eines Leserbriefes abgerungen und irgendwie hatte ich gehofft, dass die Sache damit geklärt gewesen sei. Aber vielleicht ist das ja auch nur noch das letzte Aufbäumen der alten, weißen, männlichen Garde.
Antrag gegen geschlechtergerechte Sprache auf der kommenden GDCh-Mitgliederversammlung by Mathias Micheel is licensed under CC BY-SA 4.0
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